Ein Mitglied des Weiß-Grünen Hilfefonds (WGH) beteiligt sich als einer der acht BeschwerdeführerInnen gegen die systematische und massenhafte Datenauswertung der bayrischen Überwachungssoftware VeRA. Jene Software, aus dem Hause Palantir, nutzt die bayrische Polizei, u.a. gegen Menschen, die sich noch nie einer Straftat verdächtigt gemacht haben. Ohne jegliche Transparenz findet eine massenhafte Datenauswertung heimlich statt. In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und dem Chaos Computer Club (CCC) hat der WGH heute Verfassungsbeschwerde gegen systematische polizeiliche Datenanalysen in Bayern erhoben. „Einem Bundesland, welches seit Jahren eine Vorreiterrolle in Sachen Law and Order – Politik einnimmt und zeitgleich Grundrechte mit Füßen tritt, gilt es endlich den Riegel vorzuschieben. Durch die Beteiligung an der Verfassungsbeschwerde gegen „VeRA“ möchten wir auch Fußballfans eine Stimme verleihen. Diese sehen sich Woche für Woche, nicht nur in Bayern, massivsten Grundrechtsverletzungen mittels massenhaften Überwachungsmaßnahmen in und außerhalb der Stadien ausgesetzt. Die Erfahrung zeigt: wer zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen ist, kann bereits ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Dies verstößt gegen rechtsstaatliche Prinzipien und ist im Kern abzulehnen“, so ein Sprecher des WGH.
Der Weiß-Grüne Hilfefonds dokumentiert die Stellungnahme der GFF:
„Blackbox Palantir: GFF erhebt Verfassungsbeschwerde gegen massenhafte Datenauswertung durch Polizei in Bayern
Berlin/Karlsruhe – 23. Juli 2025. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat heute gemeinsam mit dem Chaos Computer Club (CCC) Verfassungsbeschwerde gegen systematische polizeiliche Datenanalysen in Bayern erhoben. Das bayerische Polizeiaufgabengesetz erlaubt der Polizei sogenanntes „Data Mining“. Dabei wertet das Programm „VeRA“ auf Basis der Überwachungssoftware Gotham von Palantir riesige Datenmengen aus und stellt Verbindungen her – auch zu Personen, die in keinem Zusammenhang mit Straftaten stehen. Diese weitreichende Auswertung von Daten verletzt unter anderem das Grundrecht, über die eigenen Daten zu bestimmen und das Fernmeldegeheimnis. Ziel der Verfassungsbeschwerde sind klarere Grenzen für den Einsatz von Data Mining-Software.
„Bayern ist nicht Gotham City. Die Polizei darf bei ihren Ermittlungen keine intrasparente Algorithmen ans Steuer lassen“, kritisiert Franziska Görlitz, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. „Schon wer Anzeige erstattet, Opfer einer Straftat wird oder einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort ist, kann durch die Software ins Visier der Polizei geraten.“
Die Software analysiert Daten von Bürger*innen heimlich. Sie bekommen nichts davon mit, genauso wenig wie von möglicherweise folgenden Überwachungsmaßnahmen. Nach der aktuellen angegriffenen bayerischen Regelung darf die Polizei die Software nicht nur bei besonders schweren Straftaten benutzen, sondern auch bevor eine Gefahr überhaupt besteht. Eine wirksame Kontrolle gibt es nicht. Auch ein Schutz vor Fehlern der Software ist nicht gewährleistet – häufig haben die Algorithmen diskriminierende Auswirkungen.
Zu den insgesamt acht Beschwerdeführer*innen gehören eine Strafverteidigerin, Aktivist*innen und Personen der Fanhilfe des Fußballvereins SpVgg Fürth. Beschwerdeführer Johannes König, Musiker und Mit-Organisator der NoBayPAG-Demonstrationen betont „Als wäre das Bayerische Polizeiaufgabengesetz noch nicht autoritär genug geprägt, setzt die Staatsregierung nun auch noch auf die Überwachungssoftware des rechten Verschwörungsideologen Peter Thiel. Karlsruhe muss die neueste Entwicklung stoppen.“
Nach Verfassungsbeschwerden durch die GFF zog das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil 2023 enge Grenzen für automatisierte Datenanalysen durch die Polizei ein. Damit verhinderte das Gericht massenhafte KI-Überwachung bei der Polizei in Hessen und Hamburg. Diese Grenzen hat der Bayerische Gesetzgeber nicht eingehalten.
Eine weitere Verfassungsbeschwerde der GFF ist anhängig gegen das Polizeigesetz in Nordrhein-Westfalen, wo die Behörden ebenfalls Gotham von Palantir einsetzen. Das Tech-Unternehmen Palantir des Trump-nahen US-Investors Peter Thiel steht dafür in der Kritik, seine Software unter anderem für den Einsatz in Kriegsgebieten und für Geheimdienste zu produzieren.
Die Verfassungsbeschwerde ist ein wichtiger Baustein in den Bemühungen der GFF, zu weit gehende Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden in rechtsstaatliche Grenzen zu verweisen. Diese höchstrichterliche Klärung ist auch vor dem Hintergrund wichtig, dass aktuell immer wieder über die Nutzung von Palantir auf Bundesebene und durch andere Bundesländer diskutiert wird. Angesichts von zunehmenden digitalen Ermittlungsmöglichkeiten sind klare Maßstäbe, transparentes staatliches Handeln und ausreichende Kontrollmechanismen wichtiger denn je.