Am Samstag, den 06.10.18 gastierte zum 9. Spieltag der zweiten Bundesliga der Jahn aus Regensburg in Fürth. Rund um das Fußballspiel ereigneten sich einige Geschehnisse, welche wir nicht unkommentiert lassen möchten. Da Polizeiberichte von den Zeitungen unkommentiert und ohne diese zu hinterfragen übernommen werden, sehen wir uns als solidarische Rechtshilfegemeinschaft dazu gezwungen, die Tatsachen klarzustellen.
Auf Seiten der Kleeblattfans kam es vor dem Spiel zu vier Festnahmen, welche – so zumindest suggeriert es der Polizeibericht – versucht hätten, friedliche Jahnfans anzugreifen. Diese wurden anschließend lediglich präventiv in Gewahrsam genommen. Begründet wurde dies mit dem Polizeiaufgabengesetz in Bayern. Zusätzlich beobachten wir bei Heimspielen seit einigen Wochen eine härtere Gangart der Polizei. So wird der Marsch der Ultragruppen vom Stadion zur Fankneipe mittlerweile eng von USK-Einheiten begleitet, obwohl durch den neuen Gästeeingang eine Konfrontation auf diesem kurzen Marsch unmöglich ist. Es postieren sich stattdessen vermehrt Polizeikräfte in dem Bereich vor der Nordtribüne und vor den Ständen der verschiedenen Gruppen und des Fanprojekts. Ein weiteres Beispiel ereignete sich am Morgen des vergangenen Spieltages, als Kleeblattfans von USK-Beamten daran gehindert wurden sich auf der Fürther Kirchweih frei zu bewegen. Nach dem Spiel wurde die Fankneipe von großen Gruppen Einsatzkräfte umzingelt, obwohl die Gästefans aus Regensburg längst abgefahren waren. Für uns ergibt all dies keinen Sinn und wirkt auf viele Fans beängstigend und willkürlich.
Viel skandalöser sind allerdings die Geschehnisse, welche die Gästefans aus der Oberpfalz erleiden mussten. Wir als Solidargemeinschaft versuchen selbstverständlich auch Gästefans zu unterstützen und für diese eine Öffentlichkeit zu erzeugen. Deshalb konnten wir den Jahnfans vor Ort eine Anwältin zur Verfügung stellen und dokumentieren hier die Stellungnahme der Ultras Regensburg. Vorweg möchten wir allerdings noch einige Fragen hierzu loswerden.
Grundsätzlich fragen wir uns, weshalb sich die einsatztaktische Grundausrichtung der Fürther Polizei in den letzten Wochen geändert hat. Bisher wurde Gästefans immer die Wahl zwischen einem Marsch oder den zur Verfügung gestellten Shuttlebussen gelassen. Nach unseren Erkenntnissen kam es bei Heimspielen des Kleeblatts auch noch nie zu Angriffen auf die Märsche der Gästefans. Sicherlich ist es aus Polizeisicht nachzuvollziehen, dass die Polizei eine größere Gruppe Jahnfans nicht durch die Fürther Kirchweih laufen lassen wollte. Allerdings hätte es hierzu durchaus Alternativen gegeben. Hierbei hätte Kommunikation zwischen allen Beteiligten zur Deeskalation beigetragen. Uns stellt sich die Frage, warum diese nicht gesucht wurde. Sowohl das Fanprojekt Regensburg, als auch der Fanbeauftragte waren vor Ort und wurden von der Polizei nicht als Kommunikator gesucht.
In den letzten Jahren hat sich das Kleeblatt überregional einen guten Ruf bei Gästefans erarbeitet. Ein Beispiel hierfür ist das regelmäßig gute Zeugnis, welches Dynamofans in ihrem Auswärtsfragebogen Fürth ausstellen oder aber auch der schon zwei Mal in Folge gewonnene Preis für den besten Gastgeber der Liga, verliehen durch Union Fans. All dies war Ergebnis guter Zusammenarbeit des Sicherheitsdienstes, der Vereine, Fanprojekte und der Polizei. Aber auch der Kleeblattfans, welche sich für gute Bedingungen eingesetzt haben. Wir, der weiß-grüne Hilfefonds sehen diesen Ruf in Gefahr und fordern alle am Spieltag beteiligen Personen dazu auf, zurück zu einer deeskalierenden Einsatzstrategie zu kommen.
Wir wünschen allen Verletzten gute Besserung und viel Erfolg und bei der Aufklärung der Sachlage. Wir unterstützen dabei die Jahnfans und bitten weiterhin alle Versäumnisse der Fürther Polizei an uns weiter zu leiten.
Kleeblattfans sind solidarisch!
Der Weiß-grüne Hilfefonds im Oktober 2018
„Stellungnahme der ULTRAS REGENSBURG:
Nachdem diverse regionale und überregionale Medien derzeit munter ohne weitere ernsthafte Recherche den Polizeibericht abschreiben, wollen wir, die Ultras Regensburg, unsere Sicht auf den Polizeieinsatz rund um das Auswärtsspiel in Fürth am 06. Oktober schildern.
Unsere Gruppe hatte im Vorfeld zur gemeinsamen Zugfahrt nach Fürth aufgerufen. Wie bei den vergangenen Partien gegen Fürth II in der Regionalliga vor drei Jahren und dem letzten Aufeinandertreffen vor rund einem halben Jahr, wollten wir vom Bahnhof zu Fuß zum Stadion gehen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde uns nirgendwo auch nur im Ansatz mitgeteilt, dass dies diesmal nicht möglich sei. Dass sich der Weg heute ändern würde, bekam man durch eine Polizeikette „kommuniziert“. Diese versperrte den bekannten Weg durch die Unterführung des Fürther Hauptbahnhofs Richtung Stadt. Kooperativ ließ man sich auf die neue Route links aus dem Bahnhof heraus ein. Dort wurde uns gesagt, dass Shuttlebusse heute der einzige Weg zum Stadion sein würden. Dieses „Angebot“ solle man nutzen, weil man sonst nicht zum Spiel dürfe. Untermalt wurde diese Aussage durch bereits zu diesem Zeitpunkt in der Körpersprache äußerst aggressiv auftretende sogenannte Polizeibeamte, die ihrem Armschild nach eindeutig dem Unterstützungskommando (USK) zuzuordnen waren.
Nach diversen Diskussionen bewegte sich unsere Gruppe Richtung Busse. Und ja man ist dann links abgebogen, vorbei am ersten vollen Bus und ja man hat versucht an den Bussen entlang doch zu Fuß Richtung Stadion zu gehen. Man hat tatsächlich versucht, als freier Bürger einen Weg zu Fuß statt mit dem Bus zurückzulegen. Es wurde dabei aber definitiv keine Polizeiabsperrung durchbrochen, wie im Polizeibericht behauptet. Als die Polizei sich aufbaute und zu schubsen begann, blieb die Gruppe stehen. Anschließend beruhigte sich die Situation kurz, bevor das USK ohne Vorwarnung in die Offensive ging und massiv auf Jahnfans einschlug. Ein Mitglied unserer Gruppe wurde dabei von hinten (!) mit dem Schlagstock auf den Kopf geschlagen und musste später ins Krankenhaus eingeliefert werden. Dabei ergab sich als Diagnose eine Schädelprellung, Einblutungen in Hals und Nacken sowie eine leichte Gehirnerschütterung. Der behandelnde Arzt wies darauf hin, dass bei einem 2 cm höheren Treffer die Schädeldecke eingeschlagen worden wäre. Nicht der einzige Schlag, der an diesem Tag seitens der sogenannten Polizisten nachweislich genau so gut tödlich hätte enden können. In der Folge versuchten wir uns lediglich vor weiteren Verletzungen durch die Schlagstockangriffe zu schützen. Von gezielten Angriffen auf Polizeibeamten kann dabei definitiv nicht die Rede sein. Um die Situation zu deeskalieren und unter Androhung weiterer Gewalt („Steigt jetzt in die scheiß Busse, sonst schepperts nochmal!“) entschieden wir uns schließlich doch das „Angebot“ der Shuttlebusse wahrzunehmen.
Während die Fahrt mit den Shuttlebussen absolut ruhig und störungsfrei verlief, ließ am Stadion angekommen die nächste Eskalation nicht lange auf sich warten. Zwei Polizeibeamte führten nach dem Busausstieg einen Jahnfan ohne Gegenwehr ab, während ihre Kollegen wieder unter Schlagstockeinsatz die auch zu diesem Zeitpunkt friedliche Gruppe an Jahnfans, bestehend aus Zugfahrern und privat in Bussen oder PKWs angereisten Fans, auseinandertrieben. Durch eine aufgebaute Polizeikette war zeitweise der Gang auf die Toilette oder zurück zu den Bussen und PKWs nicht möglich. Zunächst hieß, dass uns gegenüber keine Angaben bezüglich der Festnahme gemacht werden können. Wenig später wurde jedoch von Seiten des USK gezielt die falsche Information verbreitet, dass die Festnahme wegen angeblich versuchtem Totschlag erfolgt ist, vermutlich um die Situation weiter aufzuheizen. Auf weitere verbale Provokationen durch die Polizei (wie beispielsweise „Ist es heute Ultra zu diskutieren statt zu boxen?“) wurde seitens unserer Gruppe nicht weiter eingegangen.
Auf Grund der bisherigen Vorfälle war es für unsere Gruppe logischerweise nicht möglich zur Tagesordnung überzugehen und so blieben insgesamt ca. 150 Jahnfans aus Solidarität mit dem Verletzten auf dem Platz hinter dem Gästeeingang stehen. Dieser war von allen Seiten abgesperrt, was es noch viel unverständlicher machte, warum die Beamten sich immer wieder neu um uns herum positionierten und dabei mehrmals Helme und Handschuhe aufzogen, als sollte es gleich zu ihrem nächsten Angriff kommen. Unsere Gruppe verhielt sich trotz der bedrohlichen Szenerie hier absolut ruhig.
Von dieser Ruhe hatte die Polizei kurz nach Anpfiff der zweiten Halbzeit dann offensichtlich genug. Als gerade ein Großteil der wartenden Gruppe etwa in der Mitte des Platzes vor dem Gästeeingang stand, entschloss sich der vom Stadion aus gesehen rechte Polizei Trupp nicht etwa rechts oder links vorbei zu gehen, sondern direkt durch die wartende Menschengruppe hindurch zu laufen. Nur wenige Augenblicke später schlugen die Beamten aus der Mitte dieser Menschengruppe heraus auf alles und jeden ein, der ihnen in die Quere kam. Welche Intention bzw. welches Ziel (außer weitere Gewaltanwendung) sich dahinter verborgen hat, direkt durch die wartende Menschenmenge zu laufen anstatt an ihr vorbei erschloss sich keinem der dort Anwesenden. Auch hier wurde wieder ein Jahnfan durch Beamte bewusstlos geschlagen und anschließend von ihnen wie ein Kartoffelsack über den Asphalt davon geschleift. Auch er musste in die Notaufnahme, konnte aber glücklicherweise das Krankenhaus mit einer Gehirnerschütterung, Prellungen und Schürfwunden am selben Tag noch verlassen. Als sich immer mehr Jahnfans im Stadion mit uns solidarisierten und mehrere hundert weitere Personen selbiges verlassen wollten, wurden diese durch Polizei und Ordnungsdienst daran gehindert. Dies führte zu tumultartigen Szenen, wobei auch ein Zaun niedergerissen wurde. Der Einsatz des Pfeffersprays war dabei derart flächendeckend und rücksichtslos, dass selbst auf der Tribüne noch Leute damit zu kämpfen hatten, von den Jahnfans (darunter auch Frauen, Kindern und ältere Menschen), die in der Nähe waren, ganz zu schweigen. Hierbei musste man unter anderem Kinder sehen, die panisch nach Luft schnappten, ein Mann mit Behinderung der aggressiv angegangen wurde und eine Frau die beinahe kollabierte, der aber der Weg zum nächsten Waschbecken verwehrt wurde. Dies soll an dieser Stelle nur einen Eindruck von der, durch die Polizei verursachten Situation, vermitteln und steht exemplarisch für zahlreiche Augenzeugenberichte und Gedächtnisprotokolle. Mehrere Versuche die Einsatzleitung festzustellen oder sonstige Auskünfte, die von den Jahnfans bei der Polizei angefragt wurden, wurden selbstverständlich abgeschmettert. Dementsprechend groß war das Entsetzen der „normalen“ Fans, die diese Vorgänge wohl so nicht geglaubt hätten, wären Sie nicht selbst dabei gewesen
Es ist uns bis heute schleierhaft, warum die Polizei bereit war, die Lage so zu eskalieren. Es waren sichtbar so viele Beamte im Einsatz, wie noch nie bei einem Spiel zwischen Fürth und Regensburg. Ist es da nicht möglich eine Fangruppe ohne massive Gewalteinwirkung durch eine Stadt zu begleiten? Bezeichnend ist außerdem wie arrogant und respektlos der Umgang mit den Fanbeauftragten und unserem Fanprojekt seitens der Polizei war. Von konstruktiver Kommunikation und dem Versuch der Deeskalation konnte auch in diese Richtung keine Rede sein. Unter dem Strich ein auf allen Ebenen erbärmlicher Polizeieinsatz.
Abschließend möchten wir uns noch bei allen Jahnfans bedanken, die sich mit uns solidarisiert haben. Ebenso geht unser Dank an den Fürther Fanbeauftragten und den Weiß-Grünen Hilfsfonds für die geleistete Unterstützung sowie die Fürther Ultras, die uns Ihre Hilfe bei unseren Verletzten angeboten haben.
Wir wollen und werden dem Rechtsstaat auf diversen Wegen, die wir derzeit mit Anwälten klären, die Chance geben, die skandalösen Vorgänge aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Wir sind gespannt, ob er das mit voller Energie tun wird oder ob man letztlich doch wieder vor der Exekutive kuschen muss, weil „Täter nicht ermittelbar“ sind oder das Videomaterial trotz zig Kameras dürftig ist. Wenn du selbst Opfer der Übergriffe geworden bist oder etwas gesehen hast, verfasse bitte unbedingt ein detailliertes Gedächtnisprotokoll und wende dich an das Fanprojekt Regensburg. Auch für hilfreiches Bild- und Videomaterial sind wir dankbar.“